Es ist ein Phänomen, dass ich immer wieder beobachte: Viele Unternehmen scheinen selbst im Jahr 2015 Social Media bzw. das Social Web immer noch nicht verstanden zu haben. Und leider haben selbst viele Berater in Agenturen, Kreative und Werbetreibende keine Ahnung, was Social Media eigentlich bedeutet – und was es eben nicht kann!
„Wir machen da mal eine Facebookseite – das braucht man doch jetzt“ ist eine gängige Meinung in vielen Unternehmen. Diese Einstellung ist eigentlich fast genau das Gleiche, wie die Aussage „Wir machen da mal was mit Bloggern“ oder „Oh, unsere SEO-Agentur sagt, wir brauchen einen Unternehmensblog, das ist gut für Google“. Bitte versteht mich nicht falsch, ich freue mich immer wenn sich Unternehmen mit digitalen Kanälen beschäftigen und sich überlegen, auf welchen Wegen sie vielleicht potentielle neue Zielgruppen erreichen können. Ich persönlich finde aber, wenn man weder ein gutes Konzept noch eine spitze Aussage hat, dann sollte man sich definitiv nicht dazu hinreißen lassen, mal „IRGENDWAS“ im Social Web zu machen. Klar kann man im klassischen Marketing mal schnell eine Kampagne lostreten, ein paar Flyer drucken, eine Kampagnenwebsite aufsetzten und mit Google Ad-Words eine tolle Re-Targeting Kampagne kreieren – aber ohne langfristiges, aussagekräftiges Konzept sollten Unternehmen vom Social Web lieber die Finger lassen. Denn ich persönlich bin der Meinung, dass man lieber gar keine Facebookseite oder Twitter-Account hat, bevor man eine schlechte hat!
Warum viele Unternehmen so schlecht im Social Web aufgestellt sind
Langweilige Postings, schlechte Gewinnspiele und kaum Interaktion: Viele Unternehmen zeigen sich bei Facebook und Co nicht gerade von ihrer besten Seite. So bewirbt zum Beispiel ein Unternehmen, dass sich auf Produkte rund um das Thema Fußpflege konzentriert hat, seit Wochen bei Facebook um mein Like. Leider kann ich mich den bereits knapp 15.000 anderen Fans dieser Seite nicht anschließen, da diese lediglich aus gelegentlichen aussagelosen Fotopostings oder nervigen Gewinnspielen besteht. Eine andere Facebookseite bult ebenfalls mit Werbepostings um meine Aufmerksamkeit. Grundsätzlich gar keine schlechte Idee, habe ich mir doch im vergangen Jahr sogar selbst so eine Kaffeemaschine gekauft. Aber auch hier wechseln sich leider langweilige Fotopost mit der Bewerbung der Kaffeemaschine zu Vorteilspreisen ab… *gähn* Auch diese Werbeausgaben bleiben ungehört. Doch warum sind viele Unternehmensseiten bei Facebook so schlecht? Ich denke, dass viele Seitenbetreiber, egal ob Agentur oder Unternehmen selbst, die Möglichkeiten von Facebook einfach verkennen. Sie nehmen ihre Zielgruppe im Social Web nicht ernst und setzten anstatt auf nachhaltige, gehaltvolle Inhalte auf langweilige Werbepostings und auswechselbare Gewinnspiel. Das ist sehr schade, bietet doch das Social Web ganz einzigartige Möglichkeiten sich als Marke zu positionieren.
Die Sache mit der Zielgruppe – auch online sind wir Menschen
Als Facebook 2004 von Mark Zuckerberg gegründet wurde, war es eigentlich als Plattform gedacht um sich mit Freunden auszutauschen. Facebook ersetze schnell das Telefonat oder die SMS – mit wenigen Klicks konnte man seinen Freunden mitteilen, was man gerade machte, was einen bewegte… Als ich mich 2009 bei Facebook anmeldete, mochte ich es beim Einloggen direkt zu sehen, was meine Freunde so neues mitteilen wollten. Manchmal musste man ganz schön weit runter scrollen um zu sehen, was xy vor 10 Stunden geteilt hatte, welchen Link er zeigen wollte oder welche neue Errungenschaft er bei FarmVille erreicht hatte. Facebook war ein digitales Tagebuch in Echtzeit, das mich immer wieder Neuigkeiten entdecken ließ. Genau das war es auch, was Facebook von Netzwerken wie StudiVZ oder MySpace unterschied: hier wurde meine Neugier geweckt, Menschen, denen ich nicht täglich nah war, kamen mir trotzdem bekannt vor – konnte ich doch ihre neusten Bilder, ihren aktuellen Lieblingssong oder den letzten Artikel lesen, den sie mit der Facebook-Gemeinschaft geteilt hatten. In der Zwischenzeit hat sich viel geändert: Facebook operiert mit ausgeklügelten Algorithmen, die mir nur noch Bruchteile dessen zeigen, was meine Freunde mit der Welt teilen. Darüber hinaus ist Facebook inzwischen eine extreme Werbeplattform, auf der mir unterschiedlichste Unternehmen und Dienstleister ihre Produkte anbieten. Versteht mich nicht falsch – ich mag das ja teilweise, aber manchmal denke ich, dass einige Unternehmen Facebook als puren Werbekanal sehen und mich mit ihrer Werbung ähnlich nerven wie Onlinebanner.
Was macht also eine gute Social Web Strategie aus?
Eigentlich ist die Antwort ganz einfach: Unternehmen müssen ihre Zielgruppe verstehen und sie auch im Social Web ernst nehmen. Bloße Werbemaßnahmen sprechen einen aufgeklärter Onlinenutzer genauso an wie Wollsocken im Sommer – es passt einfach nicht ins Social Web. Aber was müssen Unternehmen tun, um auch bei Facebook und Co zu überzeugen?
1. Das Stichwort ist Content: Okay okay okay… ja auch das ist ein allgemein bekannter No-Go Satz, denn leider ist „Content“ im Web schon lange nicht mehr „King“. Sinnloser, beliebiger und austauschbarer Content alle Katzenbilder oder 0815 Unternehmensblog locken heute auch keinen mehr hinter dem Ofen hervor. Die Antwort auf das Content-Dilemma allerdings ist die Content-Strategie!
2. Nichts ohne Plan: man mag es kaum glauben, aber viele Unternehmen und Seitenbetreiber machen sich schlicht gar keine Gedanken, was das Ziel ihrer Social Web Präsenz ist. Will ich damit neue Kunden gewinnen, will ich ein Image aufbauen, will ich vielleicht dauerhaft Produkte aus meinem Online-Shop verkaufen? Wichtig: Erfolgreich im Social Web heißt nicht möglichst viele Fans zu „kaufen“. Setzt lieber auf treue und echte Fans anstatt tote Likes oder gar Menschen einzufangen, die nur gratis etwas abgreifen wollen.
3. Nehmt Eure Zielgruppe ernst! Analysiert genau, wen Ihr mit Eurer Seite ansprechen wollt. Was ist Euer Ziel, was möchtest Ihr Euren Fans mit Eurer Seite mitteilen? Erst wenn Ihr Euch über Eurer Ziel und Eure Zielgruppe klar seid, beginnt damit (für Eure Zielgruppe) wertvollen Content zu schaffen. Denn bitte verwechselt eine Facebook-Unternehmenseite nicht mit einem privaten Account. Eine Unternehmensseite braucht eigene Inhalte, die außerhalb von Facebook existieren, nur so könnt Ihr eine nachhaltige Social Web Strategie verfolgen.
4. Überlegt Euch Aktionen, die auf Eurer Image und Eure Ziele einzahlen: Na klar kann man mit einer Verlosung eines iPads mal schnell viele hundert oder gar tausend Fans generieren. Aber was dann? Wenn Ihr nicht gerade einen Onlineshop für Hightech oder gar Apple Euren Arbeitgeber nennen könnt, macht die Verlosung eines iPads wenig Sinn. Verlost lieber Dinge oder plant Aktionen, die auf Eure Strategie einzahlen. Nur so erreicht Ihr auch potentielle Kunden, die langfristig an Eurer Seite Spaß haben werden.
5. Denkt weiter als nur an Morgen: Klar ist es toll, wenn Ihr zum Beispiel eine coole Gewinnspielaktion plant. Aber was dann? Immer wieder für neue Aktionen zu sorgen, ist im Social Web gar nicht so leicht. Darum denkt langfristig, überlegt Euch übergreifende Kampagnen, mit denen Ihr mehrere Aktionen spielen könnt. Denkt netzwerkübergreifend: Nutzt Eure Kampagnen nicht nur in einem Kanal, sondern lasst Euren Content und Eure Aktionen in unterschiedlichen Netzwerken und Kanälen zur Geltung reifen. Aber Vorsicht: Macht nicht einfach überall das gleiche, sonst lauft Ihr Gefahr Fans mit doppelten Inhalten zu langweilen.
6. Die Sache mit dem Hashtag: Er ist in, er ist trendig und er ist überall. Inzwischen gibt es zu (fast) allem einen Hashtag. Generiert selbst einen eigenen einzigartigen Hashtags und besetzt Themen. Mit Hashtags könnt Ihr Inhalte im Social Web auffindbar machen. Nutzt Ihr sie geschickt, könnt Ihr die Kraft Eurer Fans und Follower nutzen – nicht nur für Content Marketing. Ihr könnt Eure Fans zu Botschaftern Eurer Marke machen und mit Ihren Bildern, Post und Tweets Eure Marke stärken!
Denkt out of the box!
Egal wie verrückt Eure Ideen sind: Denkt niemals, sie sind zu verrückt! Die besten Ideen entstehen meist nicht zwischen 10 und 16 Uhr, sondern beim Brainstorming in der Abendsonne oder beim Feierabend-Absacker! Hinterfragt Eure Strategie, Position und denkt auch mal out of the box! Dann kann das Social Web so richtig Spaß machen! Versprochen! Übrigens: Wie Ihr eine Facebook-Seite in nur 10 Schritten einrichtet erfahrt Ihr hier.
Celine
"The only place success comes before work is in the dictionary."
Vince Lombardi
Letzte Artikel von Celine (Alle anzeigen)
- Lebenslauf schreiben – wie ging das gleich noch? - 10. April 2016
- Hochformat Video Instagram: App-Empfehlung zur Videobearbeitung - 5. April 2016
- Die etwas andere NH Salzburg Hotel Bewertung – oder: wie ich zum Troll wurde! - 21. Januar 2016
Soooo true!
Ich glaube, dass bei vielen Unternehmen die Manpower bzw. die Zeit fehlt, um Social Media Kanäle wirklich aufzubauen und dann vernünftig zu pflegen!
Viele „Entscheider“ wissen leider nicht, wie viel Zeit der Aufbau -und die anschließende, kontinuierliche Pflege!- in Anspruch nimmt.
Liebe Grüße
Verena
Hallo Verena,
ja leider fehlt immer noch das Verständnis da draußen, was Social Media eigentlich ist, wo die Stärken liegen aber eben auch welche Schwächen eine schlechte Strategie mit sich bringt. Schade finde ich es immer, wenn bestimmte Netzwerke wie Stiefkinder behandelt werden und dann später extrem gehyped werden. Ich wünsche mir manchmal einfach mehr Mut und Kreativität in der Branche. Jeder kann mit einer guten Strategie einen erfolgreichen Auftritt schaffen, egal aus welche Branche er kommt.Das schöne ist ja auch, dass nicht nur die originäre Fanzahl zeigt, ob eine Seite erfolgreich ist oder nicht. Aber ohne gutes Konzept und ein wenig Weitblick funktioniert leider nichts.
Liebe Grüße Céline